Die Schülerinitiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ruft das rassistische Attentat in Hanau anlässlich des 1. Jahrestages in besonderer Weise in Erinnerung.
Gegen das Vergessen 1.Jahrestag des Attentats in Hanau
Seit Mitte März des vergangenen Jahres hat sich unser Leben schlagartig gewandelt. Maskenpflicht, Abstandsregeln und Personenbeschränkungen gehören zum neuen Alltag. So schnell wird sich das auch nicht ändern. Die soziale Isolation macht den Menschen immer mehr zu schaffen und der Unmut gegenüber den politischen Entscheidungsträgern, die vor einem Jahr selber ins kalte Wasser geworfen worden sind, wächst von Woche zu Woche. Aus jeder Richtung fühlt man sich übergangen, vernachlässigt oder alleingelassen. Alle irgendwie bei Laune zu halten und gleichzeitig die größte gesundheitliche Katastrophe seit der Spanischen Grippe zu bewältigen, während Verschwörungstheoretiker Schuldige suchen, ist eine Herkulesaufgabe. Es wird vor einer zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung gewarnt und die Zeit vor „Corona“ wird sich sehnlichst zurück gewünscht. Als wäre damals alles perfekt gewesen. Als hätten wir damals keine gesellschaftliche Spaltung gehabt. Als hätte man damals nicht schon irgendeinen Schuldigen gesucht, der für alles „Unschöne“ verantwortlich ist. Auch wenn die jetzige Situation schwer ist, müssen wir uns dennoch an alles Schlimme erinnern, was in nicht allzu langer Vergangenheit bei uns, mitten in Hessen, passiert ist. Aus diesem Grund schreiben wir, gegen das Vergessen.
Am 19. Februar jährt sich der Terroranschlag von Hanau zum ersten Mal. Neun Menschen mit ausländischen Wurzeln sind an diesem Abend der rassistisch motivierten Tat zum Opfer gefallen.
Rechte Anschläge sind keine Einzelfälle, auch wenn sie von Medien und Politik oft als solche dargestellt werden. Seit 2015, dem Jahr der Flüchtlingskrise, gab es einen sprunghaften Anstieg rechter Straftaten. Die Getöteten von Hanau wurden Opfer eines Weltbildes, das Muslime und Menschen mit Migrationshintergrund zu „den Anderen“ oder „den Bösen“ macht – ein Denkmuster, das gesellschaftlich weit verbreitet ist. So ein Gedankengut darf bei uns keinen Platz haben. Nach mehreren rassistisch und sozialdarwinistisch geprägten Jahrhunderten müssen wir doch mittlerweile eine Sache erkannt haben: Auch wenn es zwischen uns allen optische Unterschiede geben mag, so haben wir doch eine entscheidende Gemeinsamkeit:
Wir sind alle Menschen!
Gerade jetzt müssen wir gemeinsam Zusammenstehen, um die Ausmaße und Opfer der Pandemie so gering wie möglich zu halten. Es ist egal, ob Du Deutsche*r bist oder nicht, ob Du jung bist oder nicht, ob Du Risikopatient bist oder nicht. Nur zusammen können wir diese Krise bewältigen ohne uns innerhalb unserer Gesellschaft voneinander zu entfernen.
Genauso ist es auch beim Beispiel Hanau. Vor allem hier ist es egal, ob Du selbst schon Opfer von rassistisch motivierter Gewalt warst oder ob Du noch nie damit konfrontiert wurdest. Nur gemeinsam ist es möglich, Menschen, die schon seit über 40 Jahren in diesem Land leben, das Gefühl zu geben, auch ein akzeptierter Teil dieses Landes zu sein. Wir müssen darauf aufmerksam machen, dass bei der Lösung eines Problems, sei es die Pandemiebewältigung oder Integration, jeder mithelfen muss, denn nur gemeinsam sind wir stark. Wir lassen nicht zu, dass der Tod von Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Serdat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurbovic, Kaloyan Velkov, Vili-Viorel Paun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saracoglu in Vergessenheit gerät, denn vergessen ist nur, wessen Name vergessen ist.
Schülerinitiative „Schule ohne Rassismus – Schule ohne Courage“