Wiesbadener Spitzenkandidaten zu Gast an der MNS: Podiumsdiskussion zur Landtagswahl

Wiesbadener Spitzenkandidaten zu Gast an der MNS: Podiumsdiskussion zur Landtagswahl

Am 27.8.2018 fand in der Aula der Martin-Niemöller-Schule eine Podiumsdiskussion anlässlich der bevorstehenden Landtagswahl statt. Zu der von Herrn Dr. Laqua, Frau Trick und Herrn Fischer geplanten Veranstaltung erschienen Kandidat*innen aller im Bundestag vertretenen Parteien:  Herr Prof. Dr. Lorz (CDU), Frau Andes-Müller (Bündnis 90/ Die Grünen), Herr Volk-Borowski (SPD), Herr Gabriel (Linke), Herr Winkelmann (FDP) sowie Herr Schulz (AfD). Das Publikum bestand aus Schülerinnen und Schülern der Q3 und Q1.

Nach einem Grußwort von Frau Waldorff und Herrn Dr. Laqua wurde die Moderation an die Schüler*innen weitergegeben. Zunächst wies Henry auf die grundsätzlichen Regeln hin – Zwischenrufe und Unterbrechungen waren nicht erwünscht, bei den Antworten und Fragen solle man sich kurzhalten. Worauf angespielt wurde, war klar: Gerade im Wahlkampf besitzen politische Diskussionen immer besonderes Konfliktpotenzial. Nachdem der Gesprächsrahmen festgelegt worden war, wurde das Wort an die Moderation des ersten PoWi-Kurses weitergeben – jeder Q3-Kurs hatte im Vorfeld einen Themenkomplex vorbereitet und stellte zu diesem die Fragen.

Die Einstiegsfrage zum ersten Thema Bildung lautete, wie man die Schüler*innen für die Schule begeistern könne. „Über die Lehrkräfte“, lautete die Antwort der CDU – der Fokus müsse auf der Lehrerausbildung und -gewinnung liegen. Die Grünen pflichteten dem bei und fügten hinzu, dass auch die Lehrpläne modernisierungsbedürftig seien und der Sanierungsstau, wie auch die Digitalisierung nicht außer Acht gelassen werden dürften; auch solle der Verwaltungsaufwand für Lehrer reduziert werden. Die FDP griff den Punkt der Digitalisierung auf, diese sei besonders wichtig. Im Verlauf des Gesprächs kam die SPD auf diesen Punkt zurück: „Erst brauchen wir einen Masterplan, dann wird Schritt für Schritt vorgegangen“, erklärte Herr Volk-Borowski. Abschließend wurde um eine konkrete Antwort gebeten, woher das Geld für besagte schulpolitische Maßnahmen herkommen solle. Größtenteils wurde dennoch eher schwammig geantwortet, dass man an verschiedenen Stellen überprüfen müsse, wo Ausgaben überflüssig seien: „Man muss intelligent investieren“, meinte etwa Herr Schulz von der AfD, „dann sprudelt das Geld, das vermehrt sich dann.“.

Finanzierung war auch ein wichtiger Aspekt des zweiten Themenkomplexes: Wohnungspolitikund steigende Mietpreise. Wie sollte man denn heutzutage, wenn man nach der Schule ausziehen möchte, bezahlbare Wohnungen finden? Während Prof. Lorz hier zunächst lobte, dass die momentane Attraktivität des Rhein-Main-Gebiets Ergebnis einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik sei, äußerte Herr Gabriel gleich scharfe Kritik. Besagte Entwicklung sei schon seit Jahren absehbar gewesen – besonders problematisch sei hier der Verlust öffentlichen Wohnraumes und die Spekulation mit Wohnungen. Weiter erklärte dann die SPD, dass der Boom der Städte direkt im Zusammenhang mit einer Vernachlässigung ländlicher Infrastruktur stehe. Eine Maßnahme wäre hier eine Begrenzung der Mieterhöhung auf 1 % jährlich. Die FDP dagegen forderte, mehr Anreize für Investoren zu schaffen und bürokratische Hürden zu senken. „Der freie Markt hat momentan nicht geholfen“, erklärte hingegen die SPD und auch die Linke tat den Vorschlag der FDP ab – das bedeute ja, „vom Falschen noch mal mehr Falsches machen“.

 

 

Beim nächsten Thema, der Mobilität, wurde von den Schülermoderatoren als Einstieg anhand persönlicher Erfahrungen die Problematik der schlechten Anbindung von außerhalb sowie der überfüllten Busse in der Innenstadt angesprochen – diesbezüglich scheint sich in den vergangenen Jahren nicht viel verändert zu haben. „Gegen subjektive Eindrücke kann man immer schlecht argumentieren“, begann die CDU, jedoch sei in den letzten Jahren durchaus viel passiert – Entwicklungspotenzial bestehe natürlich weiterhin, da es grundsätzlich immer mehr Verkehr und mehr Bedarf gebe. Frau Andres-Müller kritisierte hier zunächst, dass Mittel für den ländlichen Raum vom Bund zurückgefahren wurden, erklärt dann weiter, dass auch alternative Möglichkeiten, wie beispielweise der Radverkehr, gefördert werden sollen und erwähnte die von den Grünen initiierte Einführung eines Schüler*innen- und eines Ländertickets, die durch weitere Tickets ergänzt werden sollen, um den ÖPNV so generell attraktiver zu machen, was natürlich auch eine Entlastung der Straßen zur Folge hätte. Eine Verringerung des Autoverkehrs sei auch durch die Citybahn und ein Leihfahrradsystem möglich. Ob ein vollkommen kostenloser ÖPNV möglich sei, gelte noch zu entscheiden. „Die Grünen wenden hier so eine Salamitaktik an“, erklärte Herr Gabriel: „Sie reden der CDU ein Ticket nach dem anderen ab, so dass wir am Ende einen kostenlosen ÖPNV haben – und das finde ich gut!“ Gerade die schlechte Luftqualität in Wiesbaden mache eine Stärkung des ÖPNV unverzichtbar, hieß es weiter, auch der Transport über Lastenräder sei gerade in der Stadt eine sinnvolle Maßnahme.
Welchem Verkehrsmittel sei jedoch nun in Zukunft der Vorzug zu geben? „Bevorzugt wird nichts, dass muss ortspezifisch entschieden werden.“, erklärt hierzu die AfD. Die FDP ist der Ansicht, dass ein „größtmöglicher Verkehrsfluss“ herzustellen sei, um Staus zu vermeiden. Auch Elektrobusse sollten in Erwägung gezogen werden. Während die CDU zustimmt, dass alles wichtig sei, legt die SPD ihren Fokus auf den Ausbau des ÖPNV. „Busse und Bahn“, stimmen die Grünen zu, „und natürlich darf der Rest nicht außer Acht gelassen werden“. „Schiene, Bus, Bahn, Fahrrad“, lautet zuletzt die Antwort der Linken.

Der abschließende Themenkomplex widmete sich einem der aktuell am kontroversesten diskutierten Politikfelder: der inneren Sicherheit. Begonnen wurde hier mit der Frage, inwieweit mehr Polizei oder aber eine Erweiterung der Polizeibefugnisse notwendig seien. „Mehr Polizei ist kein Schaden“, begann Herr Prof. Lorz von der CDU. „In den letzten Jahren wurde viel investiert und es tut erst mal gut, gut ausgebildete und ausgerüstete Polizisten und Polizistinnen zu haben“. Bezüglich neuer Technologien seien natürlich immer Nachjustierungen erforderlich. „Ach, das ist ja interessant“, kam die sarkastische Antwort der SPD – hessenweit gebe es im letzten Jahr 2,7 Millionen Überstunden bei der Polizei, die Belastung sei also immens. Weiter gäbe es im ländlichen Raum starke Defizite. Die Situation wird also um einiges problematischer eingeschätzt – Abhilfe schaffen sollen hier eine bessere Bezahlung für Polizisten und Polizistinnen sowie konkret eine Streife mehr pro Präsidium.

Herr Gabriel hob hervor, dass das zunehmende Gefühl der Bedrohung ein oftmals subjektives sei. Die teilweise erfolgte Verschärfung von Sicherheitsgesetzen sei vollkommen unverhältnismäßig und „nutzt am Ende nur einer Kraft, die jetzt gleich vermutlich etwas dazu sagen wird“, endete er mit Blick auf die AfD. Bevor diese jedoch Stellung beziehen konnte, war die Wortmeldung der FDP an der Reihe. Nach der Klarstellung „also besagte Kraft sind nicht wir“, erklärte Herr Winkelmann, dass Deutschland objektiv zwar sicher, das subjektive Gefühl jedoch vielfach anders sei. Mit diesem Gefühl gelte es umzugehen. „Das kann seriös und unseriös geschehen. Und unseriös sitzt links und rechts neben mir“, merkte er mit Blick auf die CDU und AfD an.

Mehr Polizei sei notwendig, wiederholte die AfD, um der FDP dann vorzuwerfen, dass sie den Vorschlägen der AfD für mehr Ausrüstung ja nicht zustimmen würden.

Nachdem in diesem Themenkomplex noch die Fragen nach der Ausweitung von Videoüberwachung sowie die Zukunft des Verfassungsschutzes diskutiert worden waren, wurde im Rahmen der Publikumsfragen abschließend der Aspekt der Integration angesprochen, welcher im aktuellen politischen Geschehen oft mit der Thematik der Sicherheit vermengt wird. Wie solle also eine Integration gelingen? „Ein Integrationswillen muss vorhanden sein.“, erklärte die AfD, „Sonst muss man wieder raus.“. „Die wichtigste Voraussetzung für eine gelungene Integration ist die Möglichkeit zu arbeiten.“, erklärte dagegen die FDP. Die CDU meinte, dass Aufklärung und Kommunikation Grundlage seien, um langfristig einen Platz in der Gesellschaft einnehmen zu können. Weiter betonte die SPD: „Für Integration sind immer zwei Seiten nötig.“. Man müsse legale Einwanderung ermöglichen, Benachteiligungen vermeiden und „nicht mit dem Finger auf andere zeigen“. „Zeitnahe Sprachkurse“ sind laut den Grünen unabdingbar, außerdem Begleitung und Betreuung, Wohnraum, Arbeitsplätze und die Möglichkeit einer Ausbildung. Hier wurde noch angemerkt, dass die Abschiebung während einer angefangenen Ausbildung verhindert werden sollte. Zuletzt bekräftigt die Linke die Wichtigkeit der Sprache und Bildung und fügt hinzu, dass verschiedene Möglichkeiten zur Begegnung geschaffen werden sollen, da Integration in vielen Bereichen eine Bereicherung der Gesellschaft darstellen könne.

Nach dieser Schlussrunde endete die sehr aufschlussreiche Podiumsdiskussion. Zum Abschluss wurde nach einer kurzen Danksagung durch Moderator Henry ausdrücklich auf die Wahl am 28. Oktober hingewiesen – nach diesem umfangreichen Input könne nun jede*r „eine überlegte Stimme abgeben“.

 

 

Serafina Ellinor Schneiberg (PoWi-LK Q3)

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