Alle zwei Jahre bietet das Forschungszentrum Jülich eine Schülerakademie Teilchenphysik an, in der Schülerinnen und Schüler der Oberstufe eine Woche gemeinsam etwas über die Physik der kleinsten Teilchen, der Elementarteilchen, lernen. Dieses Jahr fand diese Akademie zum vierten Mal statt und ich bin sehr glücklich, einen der 25 Plätze bekommen zu haben.
Am Dienstag hat das Programm direkt mit einer Masterclass Teilchenphysik vom Netzwerk Teilchenwelt gestartet. Das Netzwerk Teilchenwelt ist ein Projekt, das Jugendlichen und Studierenden einen Einblick in den aktuellen Stand der Teilchenphysik geben soll.
Zuerst gab es einen interessanten und interaktiv gestalteten Vortrag zu den Elementarteilchen und den vier Wechselwirkungen. Außerdem wurde der Higgs-Mechanismus anschaulich erklärt und wir lernten die Forschung mit großen Teilchendetektoren wie ATLAS am CERN in Genf kennen.
Im zweiten Teil der Masterclass bekamen wir dann die Möglichkeit selber in ATLAS-Daten nach W-Pfaden und Higgs-Bosonen zu suchen. Es hat sehr viel Spaß gemacht, die einzelnen Teilchenspuren zu identifizieren und dann darauf zu schließen, um was für ein Ereignis es sich wohl gehandelt haben muss.
Am nächsten Tag ging es gleich mit den Vorträgen weiter. Wir hörten, wie man mit Computern physikalische Vorgänge simulieren kann und dadurch auch vorhersagen kann, wie ein bestimmtes Ereignis ablaufen wird. Herr Hanhart erklärte uns ausführlich die Quantenchromodynamik und zu welchen skurrilen Quarkzuständen diese manchmal führen kann. Besonders interessant war, wie er uns einen direkten Einblick in seine Forschung geben konnte und wie wenig erst über den Aufbau der Baryonen bekannt ist. Da ist definitiv noch Forschungspotential!
Nach dem Mittagessen kam dann mein persönliches Highlight der gesamten Woche: die Exkursion ins Forschungszentrum Jülich! Dort wurde uns zuerst im Supercomputing Centre von den großen Hochleistungsrechnern erzählt, die riesige Simulationen berechnen können und mehrere hunderttausend Cores haben! Die Computer waren in einer riesigen Halle in großen Schränken in mehreren Reihen aufgestellt und eines der Computersysteme dort ist sogar auf der weltweiten Rangliste der Superrechner auf Platz 35! Wir durften sogar in die Halle reingehen und uns die Computer aus nächster Nähe betrachten. Dafür mussten wir aber Gehörschutz anziehen, da die Computer sehr laut waren. Und es war auch ziemlich windig und kühl, die Computer müssen nämlich stark gekühlt werden, um nicht zu überhitzen. Es war ziemlich beeindruckend mit den vielen blinkenden Lichtern und den ganzen Kabeln!
Danach ging es zum Institut für Kernphysik mit dem COSY. Das steht für Cooler Synchrotron. Und er ist wirklich ziemlich cool! Und kalt. Mit Dosimetern ausgerüstet sind wir in Gruppen durch den Beschleunigertunnel geführt worden. Dort wurde uns erklärt, wie die Protonen beschleunigt werden und aus welchen Elementen COSY aufgebaut ist. Und COSY hat eine Besonderheit: Die Protonenstrahlen werden in ihrem Spin polarisiert und “rotieren” so in 6 Runden durch den Ring einmal. Wir konnten die Quadrupolmagnete und die Dipolmagnete und die ganzen anderen Beschleunigerbestandteile direkt sehen und quasi eine Runde “mit den Teilchen” durch den Beschleuniger reisen! Es war nicht das erste Mal, dass ich einen echten Teilchenbeschleuniger gesehen habe, doch trotzdem fand ich es wieder ziemlich beeindruckend, wie komplex diese Maschinen aufgebaut sind, die Teilchen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigen können.
Die Vorträge am Donnerstagvormittag haben dann spannende Einblicke in die Stringtheorie gegeben. Außerdem wurden ganz viele Experimente aufgebaut, unter anderem eine Nebelkammer, die mithilfe eines übersättigten Isopropanol-Dampfes geladene Teilchen sichtbar machen kann. Mithilfe einer Kugelbahn wurde verdeutlicht, wie Teilchen durch Potentialänderung beschleunigt werden. Außerdem gab es ein Streuexperiment, bei dem anhand des Streuungsbildes auf die Form des verdeckten Körpers geschlossen werden musste. Anschließend ging es dann in die Projekte. Hier konnten wir uns zwischen Quantenmechanik, Numerik und dem anthropischen Prinzip entscheiden. Ich bin zur Numerik gegangen. Dort haben wir zuerst eine kleine Einführung in die Arbeit mit Python erhalten. Dann ging es mit dem Programmieren der richtigen Simulation los: Die Bewegung eines Planeten um einen Stern. Dabei mussten wir vieles berücksichtigen, doch gegen Abend hat Merkur sich dann endlich so, wie es sich gehört, um die Sonne gedreht. Am nächsten Vormittag ging es dann weiter, wir haben zu der Simulation noch Venus hinzugefügt, was diesmal recht schnell ging. Dann kam es zum lustigsten Teil: Wir durften die Parameter ändern und schauen, was passiert, wenn Venus auf einmal die selbe Masse hätte wie die Sonne. Außerdem haben wir die Gravitationskonstante manipuliert. Plötzlich war das Sonnensystem gar nicht mehr ruhig und die Planeten sind alle durcheinandergeflogen! Das war ziemlich witzig, hat uns aber auch gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Gravitationsgesetze genau so sind, wie sie sind, sonst sähe das Universum nämlich ganz anders aus!
In dieser Woche habe ich wertvolle Erfahrungen gesammelt. Es gab die einmalige Gelegenheit, mal persönlich mit den richtigen Forschern, die Experten auf ihrem Fachgebiet sind, reden zu können und sie mit Fragen zu löchern. Ich habe viel Neues gelernt und fand es super spannend, einen direkten Einblick in die aktuelle Forschung zu erhalten!