Gleißend helle Sonnenfinsternis

Gleißend helle Sonnenfinsternis

Finsternis. Ein Begriff, der ungute Assoziationen weckt. Dunkle Gassen, das Reich der Schatten, schaurige Geister in unheimlichen Gewölben und die eisigen Finger der dunklen Seite der Macht. Finsternis bedeutet die völlige Abwesenheit von Licht und Erkenntnis. Außer, man ist Astronom. Dann nennt man den Zustand, wenn unser Mond die Sonne auch nur ein Stückchen verdeckt, partielle Sonnenfinsternis. Auch wenn es dabei taghell bleibt. 

Selten kommt man in den Genuss eines solchen Ereignisses, was vorwiegend darin begründet ist, dass Sonne und Mond im Verhältnis zu unserem gesamten Himmel lächerlich klein erscheinen und sich somit nahezu immer verfehlen, wenn sie ihre Bahnen über das Firmament ziehen. Am 10. Juni 2021 war es endlich mal wieder so weit, dass man ein solches Schauspiel in Wiesbaden beobachten konnte. Jedoch: Hätte man nicht vorher aus sicheren Quellen erfahren, dass es stattfindet, hätte man es sicher verpasst, denn die Bedeckung betrug gerade einmal circa elf Prozent. Eine gleißend helle Finsternis also. Viel dunkler wäre es Nordgrönland gewesen, aber eintägige Klassenfahrten dorthin werden im Allgemeinen nicht genehmigt.

Die astronomische Gesellschaft Urania, die eine Sternwarte direkt bei beziehungsweise auf der Martin-Niemöller-Schule betreibt, hatte dankenswerter Weise einige Schüler*innengruppen eingeladen, die kleine Finsternis mithilfe ihrer Teleskope zu betrachten. So hatten sich am 10. Juni um viertel nach zwölf die Klasse 9.1 sowie Mitglieder des Astronomie-Kurses der 10. Klasse voller Freude an der Sternwarte eingefunden, um ihre Beobachtungen anzustellen. Durch die stark abgedunkelten Teleskope oder die geprüften Sonnenfinsternis-Brillen konnte also unter fachkundiger und sehr freundlicher Beratung der Hobby-Astronomen beobachtet werden, wie der Mond ein Stückchen am oberen Rand der Sonne verdeckte.

Dann allerdings schoben sich unliebsame Wolken vor die Sonne. Man muss es sich einmal vor Augen führen: Das Sonnenlicht raste achteinhalb Minuten hundertfünfzig Millionen Kilometer durchs All, nur um dann von ein paar lächerlichen Wolken aufgehalten zu werden, bevor es interessierte Beobachter*innen erfreuen konnte. Ausgesprochen verdrießlich. Gelegentlich gaben die Wolken den Blick noch einmal frei, aber da sich am Anblick nichts mehr Grundlegendes änderte und noch ein wenig Stoff aus der Corona-Zeit aufzuholen war, begab man sich gemächlich wieder in die Unterrichtsräume – im Bewusstsein, ein nicht allzu aufregendes, aber sehr seltenes Ereignis miterlebt zu haben.

Ein Dank geht noch einmal an die stets für Besuch offenen Mitglieder der Urania, die nicht zum ersten Mal Schüler*innen der MNS faszinierende Beobachtungen an ihren Geräten ermöglicht haben.

Stefan Krissel

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